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Ein Bericht aus der Neuen Oranienburger Zeitung von Andrea Kathert
Zehlendorf – Die Zehlendorfer sind ein Völkchen, das nicht oft in die Kirche geht. Wenn Pfarrerin Barbara Fülle ihren Sonntagsgottesdienst hält, sitzen in der Regel nicht mehr als zehn bis 15 Kirchgänger vor ihr. „Aber auf die Kirche in ihrem Dorf legen sie schon Wert“, sagt die Pfarrerin. Die Zehlendorfer haben ein richtiges Kleinod in ihrer Dorfmitte. 1872 ist der gelbe Backsteinbau aus Birkenwerderaner Ziegelsteinen eingeweiht worden. Nur zwei Jahre wurde an dem Gotteshaus gebaut. Wahrscheinlich hatten die Bauleute schon ihre Erfahrungen. Denn: „Das ist hier schon die fünfte Kirche an diesem Platze“, erzählt Johannes Telschow, Pfarrer im Ruhestand. Die vier Vorgängerbauten sind allesamt abgebrannt.
Die letzte Kirche wurde 1866 vom Feuer verschlungen. Im Dorf erzähle man sich die Legende, dass die Kinder des Amtsdreschers daran schuld gewesen seien, weiß Johannes Telschow zu berichten. „Die Kinder sollten eine Ziege hüten, hatten aber keine Lust darauf.“ Deshalb hätten sie die Ziege lieber abgefackelt. Was daran wahr ist, weiß der ehemalige Pfarrer auch nicht. Doch in seiner Amtszeit fiel die Scheune neben dem schönen Pfarrhaus den Flammen zum Opfer. „Das war 1987, als wir gerade im Urlaub waren.“ Soweit Telschow weiß, wollten Kinder eine Rattenplage bekämpfen und hatten rumgekokelt.
Das jetzige Gotteshaus hat dem Zehlendorfer Gemeindekirchenrat schon öfter Kopfzerbrechen bereitet. „Das Ärgerliche ist, dass die lederfarbenen Birkenwerderaner Ziegel Haarrisse haben“, erzählt Johannes Telschow. Schon nach 30 Jahren waren sie aufgetaucht. Und in diesem Rhythmus musste das Mauerwerk immer wieder ausgebessert werden. 1908, 1935, das letzte Mal 1983. Und auch jetzt bröckeln die Steine.
Und noch ein anderes Problem hat die Zehlendorfer Kirche. Die Bauherren fanden es 1870 offenbar toll, den Turmhelm zu mauern, statt einen Dachstuhl und Schindeln draufzusetzen. Auch auf dem Turm bröckelte der Mörtel aus den Fugen. „Auf dem Turm wuchs sogar mal eine Birke, die war vier Meter hoch.“
Was das eigentliche Besondere der Zehlendorfer Kirche ausmacht, versteckt sich im Inneren. „Diese Wandbemalung hier ist aus dem Jahre 1908“, erzählt Johannes Telschow. Über der Apsis zieht sich ein Fließ mit reizenden Engelsgesichtern. Hinter dem Altar steht an der Wand der Bibelspruch „Lasset euch versöhnen mit Gott“. „Dieser Spruch steht auch im Berliner Dom“, weiß Pfarrerin Barbara Fülle. Im Kirchenschiff wurden an den Wänden Quadersteine angedeutet. Nur ein nachträglicher grüner Sockelstreifen zerstört ein wenig die uralte Wandbemalung. Die hölzerne Deckenkonstruktion, die 13 Meter langen Balken, die große Empore und sämtliche Bänke sind noch im Original erhalten. Kleine Häufchen feinsten Sägemehls verraten, dass sich der Holzwurm um das alte Kiefernholz kümmert.
Drei stählerne Glocken hängen im Kirchturm. Um die zu läuten, müssen schon zwei bis drei Mann ran. Offenbar hatten die Glöckner aber immer noch genug Zeit, sich in den Wänden des Glockenraums zu verewigen. Eng an eng sind Schriftzüge und Namen wie Sennewald, Reiss und Kelling in den Putz geritzt. Ähnlich sieht es im Blasebalgraum der Orgel aus. Dort liest sich die hölzerne Wand wie ein Geschichtsbuch.
Noch immer stehen in der Kirche zwei eiserne Öfen mit Ornamenten in den Deckeln. Richtig befüllt mit Holz und Kohlen sorgten
sie früher für ein warmes Kirchenschiff. An der Empore fallen 44 kleine, schlichte Holzkreuze auf. Sie tragen die Namen von Zehlendorfer Männern, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. „Das war die Idee des damaligen Wehrmachtspfarrers“, sagt Johannes Telschow. Dieses Erinnern ohne jeden Kommentar findet er gut.
Der alten Kronleuchter, die mit schwarzer Patina bedeckt waren, hat sich 2007 ein Freund der Kirche angenommen. Jetzt strahlen sie wieder messingfarben.
Von den Backsteinkirchen, die um 1870 erbaut wurden, gibt es in der Umgebung Dutzende. Besondere Beachtung fanden sie nicht. Viele wurden später umgebaut. An der Zehlendorfer Kirche ist diese Modernisierungswelle vorbeigegangen. Es war nie Geld dafür da. „Ja, Armut ist der beste Denkmalschutz“, findet Johannes Telschow. So schnell wird sich auch nichts ändern im Inneren der Zehlendorfer Kirche. Das ist vielleicht auch gut so. „Diese Kirche hat ihre ganz eigene, besondere Atmosphäre“, findet Barbara Fülle. „Und eine ganz wunderbare Akustik.“ Konzerte in dem Gotteshaus sind ein Erlebnis. Das Einzige, was sie sich wünscht, ist, die Orgel zu überholen. Es ist eine von jenen romantischen Orgeln, die Albert Lang aus Berlin gebaut hat. „Sie hat einen schönen, weichen Klang“, sagt die Pfarrerin. „Manchmal singt sie richtig.“
Die letzte Kirche wurde 1866 vom Feuer verschlungen. Im Dorf erzähle man sich die Legende, dass die Kinder des Amtsdreschers daran schuld gewesen seien, weiß Johannes Telschow zu berichten. „Die Kinder sollten eine Ziege hüten, hatten aber keine Lust darauf.“ Deshalb hätten sie die Ziege lieber abgefackelt. Was daran wahr ist, weiß der ehemalige Pfarrer auch nicht. Doch in seiner Amtszeit fiel die Scheune neben dem schönen Pfarrhaus den Flammen zum Opfer. „Das war 1987, als wir gerade im Urlaub waren.“ Soweit Telschow weiß, wollten Kinder eine Rattenplage bekämpfen und hatten rumgekokelt.
Das jetzige Gotteshaus hat dem Zehlendorfer Gemeindekirchenrat schon öfter Kopfzerbrechen bereitet. „Das Ärgerliche ist, dass die lederfarbenen Birkenwerderaner Ziegel Haarrisse haben“, erzählt Johannes Telschow. Schon nach 30 Jahren waren sie aufgetaucht. Und in diesem Rhythmus musste das Mauerwerk immer wieder ausgebessert werden. 1908, 1935, das letzte Mal 1983. Und auch jetzt bröckeln die Steine.
Und noch ein anderes Problem hat die Zehlendorfer Kirche. Die Bauherren fanden es 1870 offenbar toll, den Turmhelm zu mauern, statt einen Dachstuhl und Schindeln draufzusetzen. Auch auf dem Turm bröckelte der Mörtel aus den Fugen. „Auf dem Turm wuchs sogar mal eine Birke, die war vier Meter hoch.“
Was das eigentliche Besondere der Zehlendorfer Kirche ausmacht, versteckt sich im Inneren. „Diese Wandbemalung hier ist aus dem Jahre 1908“, erzählt Johannes Telschow. Über der Apsis zieht sich ein Fließ mit reizenden Engelsgesichtern. Hinter dem Altar steht an der Wand der Bibelspruch „Lasset euch versöhnen mit Gott“. „Dieser Spruch steht auch im Berliner Dom“, weiß Pfarrerin Barbara Fülle. Im Kirchenschiff wurden an den Wänden Quadersteine angedeutet. Nur ein nachträglicher grüner Sockelstreifen zerstört ein wenig die uralte Wandbemalung. Die hölzerne Deckenkonstruktion, die 13 Meter langen Balken, die große Empore und sämtliche Bänke sind noch im Original erhalten. Kleine Häufchen feinsten Sägemehls verraten, dass sich der Holzwurm um das alte Kiefernholz kümmert.
Drei stählerne Glocken hängen im Kirchturm. Um die zu läuten, müssen schon zwei bis drei Mann ran. Offenbar hatten die Glöckner aber immer noch genug Zeit, sich in den Wänden des Glockenraums zu verewigen. Eng an eng sind Schriftzüge und Namen wie Sennewald, Reiss und Kelling in den Putz geritzt. Ähnlich sieht es im Blasebalgraum der Orgel aus. Dort liest sich die hölzerne Wand wie ein Geschichtsbuch.
Noch immer stehen in der Kirche zwei eiserne Öfen mit Ornamenten in den Deckeln. Richtig befüllt mit Holz und Kohlen sorgten
sie früher für ein warmes Kirchenschiff. An der Empore fallen 44 kleine, schlichte Holzkreuze auf. Sie tragen die Namen von Zehlendorfer Männern, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. „Das war die Idee des damaligen Wehrmachtspfarrers“, sagt Johannes Telschow. Dieses Erinnern ohne jeden Kommentar findet er gut.
Der alten Kronleuchter, die mit schwarzer Patina bedeckt waren, hat sich 2007 ein Freund der Kirche angenommen. Jetzt strahlen sie wieder messingfarben.
Von den Backsteinkirchen, die um 1870 erbaut wurden, gibt es in der Umgebung Dutzende. Besondere Beachtung fanden sie nicht. Viele wurden später umgebaut. An der Zehlendorfer Kirche ist diese Modernisierungswelle vorbeigegangen. Es war nie Geld dafür da. „Ja, Armut ist der beste Denkmalschutz“, findet Johannes Telschow. So schnell wird sich auch nichts ändern im Inneren der Zehlendorfer Kirche. Das ist vielleicht auch gut so. „Diese Kirche hat ihre ganz eigene, besondere Atmosphäre“, findet Barbara Fülle. „Und eine ganz wunderbare Akustik.“ Konzerte in dem Gotteshaus sind ein Erlebnis. Das Einzige, was sie sich wünscht, ist, die Orgel zu überholen. Es ist eine von jenen romantischen Orgeln, die Albert Lang aus Berlin gebaut hat. „Sie hat einen schönen, weichen Klang“, sagt die Pfarrerin. „Manchmal singt sie richtig.“