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Biker unterwegs im Auftrag Gottes
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Biker unterwegs im Auftrag Gottes

Artikel aus dem Uckermark-Kurier von Birgit Bruck (23.4.2015)

In Friedrichswalde findet zum 20. Mal der mittlerweile größte Motorradgottesdienst in Berlin und Brandenburg statt. Die Initiatoren sind ein motorradfahrender Pfarrer und seine nicht weniger zweiradbegeisterte Frau.

FRIEDRICHSWALDE. Renate Schwieger liebt dieses Gefühl, wenn es nach einem langen Winter wieder losgeht: Gas geben, den Motor hören und sich frei fühlen. So frei, wie es nur beim Biken geht. Sie weiß aber auch um die besondere Verletzlichkeit, um die Gefahr, die immer mitfährt. Sie weiß von den Toten, die es in jeder Motorradsaison aufs Neue gibt. Ihnen gilt beim Motorradgottesdienst, der in diesem Jahr bereits zum 20. Mal in Friedrichswalde stattfinden wird, immer ein besonderes Gedenken. „Und wenn es dann in einer bis auf den letzten Platz besetzten Kirche und davor ganz still ist, das ist so ein Gänsehautmoment, den man nicht vergisst“, sagt sie. An den sich, so hofft sie, der eine oder andere später auf der Piste erinnern wird. Und am Gasgriff trotz aller Euphorie die Vernunft siegen lässt.
Bei Renate und Ralf Schwieger im Friedrichswalder Pfarrhaus laufen in diesen Tagen die Vorbereitungen des diesjährigen Motorradgottesdienstes auf Hochtouren. Auf Initiative des motorradfahrenden Pfarrers und seiner ebenso zweiradbegeisterten Frau hatten im April 1996 zum ersten Mal 30 Biker aus Friedrichswalde die Saison mit einem Gottesdienst begonnen. Die anschließende Ausfahrt über Temmen, Greiffenberg und Joachimsthal ging durch Regen und Kälte. „Im nächsten Jahr machen wir’s später“, sollen sie anschließend beschlossen haben. Seither findet der Friedrichswalder Motorradgottesdienst immer am zweiten Maisonntag statt, am Muttertag.
Renate Schwieger, die beim Amt Biesenthal-Barnim als Jugendkoordinatorin arbeitet, verrät, dass sie sich schon zu Jugendzeiten im Oderbruch mit dem Zweiradvirus infiziert hat. Dass ihr späterer Mann Ralf damals mit dem Motorrad vor der Schule auf sie wartete, soll dabei keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Als das frisch vermählte Paar im Frühjahr 1989 von Berlin ins Pfarrhaus im uckermärkischen Herzsprung zog, wo der angehende Theologe eine Stelle als Vikar antrat, erfuhren sie die weitläufige Landschaft ihrer neuen Heimat im wahrsten Sinne des Wortes auf ihren Motorrädern. Hügel, kurvige Straßen, Bikerparadies.
Als in den Neunzigern in Friedrichswalde die Pfarrstelle neu besetzt wird, kommt der Pastor mit dem Motorrad. Und seine Frau auch. Wenig später bringen sie aus Hamburg die Idee des Motorradgottesdienstes mit ins Holzschuhmacherdorf an der Grenze von Barnim und Uckermark gebracht.
1998 zog es bereits 300 Biker nach Friedrichswalde und von Jahr zu Jahr wurden es mehr. Mehr Motorradfahrer, mehr Schaulustige, mehr Mitstreiter im Ort.
Viele Geschichten ranken sich um 20 Jahre Motorradgottesdienst. Wie die vom „Wunder der trockenen Ausfahrt“ vor genau zehn Jahren. „Wir fuhren 70 Kilometer durch die Schorfheide ohne einen Tropfen Regen abzubekommen. Um uns herum hagelte, stürmte und regnete es, wir blieben trocken, selbst in Friedrichswalde war die Erde weiß vom Hagel und die Straße überflutet, aber als wir wiederkamen schien die Sonne“, ist in den Erinnerungen von Ralf Schwieger zu lesen.
Das Programm zum Motorradgottesdienst, der längst ein großes Motorradfest geworden ist, beginnt am 8. Mai, wenn im Holzschuhzentrum Karl-Heinz Hietel aus Fürstenwalde über eine Reise aus dem Jahr des ersten Motorradgottesdienstes in die Sahara berichten wird. Am 9. Mai werden „Strawhead“ und „FATHAT“ in der Kirche rocken, davor spielt „Ambross“ zum Tanz. Am Sonntag ab 14 Uhr folgt der Motorradgottesdienst, der zum ersten Mal auf eine Videowand nach draußen übertragen wird. Im Anschluss um 15 Uhr startet die Ausfahrt, die in diesem Jahr – auch eine Premiere – von der „Krad-und Eskortenstaffel“ der Polizei und bereits traditionell von den motorisierten „Johanniter Stauhelfern“ begleitet wird.
Wer sich vorab auf den Motorradgottesdienst einstimmen möchte, sollte am 26. April nach Friedrichswalde fahren. Um 15 Uhr wird eine Ausstellung in der Kirche eröffnet, die Fotos von 50 Bikerinnen und Bikern und deren Gedanken zum Thema Motorradfahren zeigt. Darunter auch die Bilder von Renate und Ralf Schwieger.
Der Pfarrer wird am 10. Mai am Lenker eines leuchtend gelben MZ-Gespanns sitzen, Tochter Luisa im Seitenwagen. Und Renate Schwieger ist mit einer Honda aus den 1950er Jahren unterwegs. „Motorradfahren“, so sagt sie noch, „ist doch viel zu schön, um es den Männern zu überlassen:“
erstellt von Mathias Wolf am 25.04.2015, zuletzt bearbeitet am 19.09.2017
veröffentlicht unter: News-Archiv