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Alte Schätze unterm Kirchendach
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Alte Schätze unterm Kirchendach

Ein Artikel aus der Gransee-Zeitung von Stephanie Fedders

Dollgow/Menz Einen größeren Kontrast hätte es zum Abschluss der Dorfkirchenporträts im Pfarrsprengel Menz gar nicht geben können. Am Sonntag luden Beate und Mathias Wolf zu einem Blick hinter die Kulissen der Gotteshäuser in Dollgow und Menz ein. Geografisch trennen die beiden nur wenige Kilometer, in der Ausstattung liegen aber Welten dazwischen.

Die Beinamen – Dollgow, die Festliche; Menz, die Praktische – erklären sich fast von selbst. Ein Taufgottesdienst bildet in Dollgow den Rahmen für die Geschichtsstunde. Der kleine Lounis Zeitz, dessen Namen so viel wie „in bester Gesellschaft“ bedeutet, kann sich wirklich nicht über die Kulisse beklagen. Pfarrerin Wolf staunt auch über das Interesse, „voller als Heiligabend“, sei die Kirche. Und es bleiben immer noch genug Neugierige, nachdem der offizielle Part beendet ist.

Gestärkt durch Kaffee und Kuchen, großzügig gespendet von den Dollgowern, bittet Pfarrer Wolf zum Turmaufstieg. Unterm Dach lädt der Boden zum Träumen ein, ein Cello-Konzert würde er gerne einmal hoch oben veranstalten, verrät Wolf, doch schnell landet er wieder auf dem Boden der Tatsachen und zeigt auf die erneuerten Balkenköpfe. Das 1767 errichtete Gebäude musste in den 90er Jahren umfangreich saniert werden. Noch immer staunt der Pfarrer über die Entscheidung des Gemeinderates, den Straßenbau zugunsten der notwendigen Turmsicherung zu verschieben. Es blieb nicht das einzige Bekenntnis der Dollgower zu ihrer Kirche. Die Anschaffung einer zweiten Glocke 1997 wurde ausschließlich durch Spenden finanziert, auch hier zeigten sich viele Dorfbewohner von ihrer großzügigen Seite.

Das Punkstück, was die Dollgower Kirche im Land so einmalig macht, hängt hoch oben im Turm: Die Glocke des berühmten holländischen Glockengießers Gerhard de Wou aus dem Jahre 1490. Sie ist die „ältere Schwester“ der „Gloriosa“ aus dem Erfurter Dom, gegossen 1497. Noch heute wird sie per Hand geläutet und ertönt zu jeder vollen Stunde. Warum ausgerechnet in Dollgow eine Glocke von de Wou hängt, darüber lässt sich nur spekulieren. Verbürgt ist, dass der berühmte Meister 1490 auch eine Glocke in Neuruppin gegossen hat, die aber beim großen Stadtbrand von 1787 zerstört wurde. Da die Glockengießer damals vor Ort arbeiteten, haben findige Bürger womöglich ihre Chance ergriffen und Dollgow diesen Schatz geschenkt.

Wie der zweite Schatz Krisen und Kriege überdauert hat, ist ebenfalls ein Rätsel. Die Dollgower Kirche besitzt einen Abendmahlskelch aus dem 14. Jahrhundert, der sich trotz aller Plünderungen und Auseinandersetzungen im Ruppiner Land erhalten hat. Auch heute wird er bei der Feier des Abendmahls eingesetzt, ansonsten aber sicher verwahrt.

Von so viel Pracht kann die Menzer Kirche nur träumen. „Sie ist nicht die Schönste“, weiß Beate Wolf. Kein Wunder, dass Brautpaare nach einem Blick ins Innere lieber in Dollgow getraut werden wollen. Aber der Sakralbau hat auch seine Vorzüge. „Die Menzer haben viel Geld für die Kirche in die Hand genommen und sie immer wieder verändert“, erklärt Mathias Wolf. 1890 wurde daher das Querschiff angebaut, weil das Hauptschiff für die Gemeinde zu klein geworden war. 1980 zog die Glaswand als Abtrennung ein. Heute wird dieser Bereich gerne für Ausstellungen verwendet. Und er zeichnet sich durch seine Akustik aus. „Wie in einer Kathedrale“, findet Beate Wolf den Klang. Organistin Karin Baum aus Lindow stellt das mit zwei Flötenstücken unter Beweis. Die rund 50 Besucher staunen nicht schlecht.

Zum Schluss der abwechslungsreichen Geschichtsstunde knallen die Sektkorken, das Ehepaar Wolf erfährt viel Lob für die interessanten Einblicke in die Geschichte der Kirchen. Eine echte Bereicherung des sommerlichen Veranstaltungskalenders, die Lust auf mehr macht.
erstellt von Mathias Wolf am 24.07.2018, zuletzt bearbeitet am 07.09.2022
veröffentlicht unter: Neues aus dem Pfarrsprengel