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Die Stasi war stets im Bilde
Ein Artikel aus der Gransee-Zeitung von Wolfgang Gumprich
Menz. Dem Satz "es war nicht alles schlecht" setzt Dietmar Linke ein trotziges "es war nicht alles kuschelig in der DDR!" entgegen. So las, erzählte, berichtete, belegte mit vielen Fotos der Pfarrer außer Dienst und mehrfache Buchautor sein Leben in der DDR. Passenderweise war es wieder ein Pfarrhaus, dieses Mal in Menz, in das er auf Einladung von Mathias Wolf gekommen war.
Da er schon von Beginn seines Dienstes an den Freiraum Kirche für offene Dialoge nutzte, interessierte sich sehr schnell auch das Ministerium für Staatssicherheit für ihn. So plante er am 3. Oktober 1979 eine Lesung mit Stefan Heym in seiner Kirche in Neuenhagen. "Soll das Ihr Beitrag zum 30. Bestehen der DDR sein?" wurde er suggestiv gefragt. Und ob er verantworten könne, wenn von sämtlichen Zuhörern die Personalien festgestellt würden. Linke schlägt als Kompromiss den 31. Oktober 1979 als neuen Zeitpunkt vor – Reformationsfest. Von nun an hat ihn die Stasi fest "auf dem Schirm". Was von da an mit ihm und seiner Familie veranstaltet wurde, hat Linke erst nachträglich beim Einblick in seine Stasi-Unterlangen erfahren. Es muss ein Blick in den tiefsten menschlichen Abgrund gewesen sein, wie es immer wieder in seinen Schilderungen durchschimmert, doch der Theologe urteilt milde mit seinen Peinigern: "Die müssen das selbst mit ihrem Herrgott ausmachen – wenn sie denn einen haben!"
Sechs Mitarbeiter unter der Leitung eines Oberstleutnant Wiegang planten den "operativen Vorgang Kreuz". Dazu gehörte auch die Verwanzung der Pfarrerswohnung. Da war IM Gisela sehr hilfreich, sie lieferte die Grundrisse der Wohnung als Zeichnung, notierte exakt den Standort des Telefons. Den besten Zeitpunkt zur Installation der "operativen Technik" lieferte sie gleich mit. "Die Akten dazu lesen sich wie das Drehbuch zu einem Film", staunt Linke noch heute. Im Sommer 1983 will die Stasi sein Arbeitszimmer "transparent" machen, doch der Friedhofsgärtner kommt der Stasi auf die Schliche. Er will Pastors Schafe füttern, stellt fest, dass im Haus ein Schlüssel steckt und dass einem Lada drei Männer entsteigen, die mit einer Flasche am Fallrohr der Dachrinne reiben.
Ausreise nach Westberlin
Linkes Engagement wird im Laufe der Jahre immer politischer. Er gründet die Friedenswerkstatt, seine Frau, ebenfalls Theologin, zusammen mit Bärbel Bohley "Frauen für den Frieden". 1982 gesellt sich Christa Guleikov zu der Gruppe, interessiert sich sehr für die theologische Arbeit, begleitet eine Rentnerfreizeit nach Chorin und rückt immer näher in den Lebensraum der Pfarrersfamilie. Linke findet sie wieder in den Stasi-Akten, dort ist sie als IM Helga Grusche vermerkt.
Vier Tage vor Weihnachten 1983 darf er mit seiner Familie nach Berlin (West) ausreisen, seine Ordinationsurkunde muss er abgeben. Zwei Tage vorher schreibt ihm Christa G. – alias IM Helga Grusche – einen Abschiedsbrief, in dem sie seinen Weggang bedauert. Dies löste viel Heiterkeit unter den rund 20 meist älteren Besuchern aus.
Ab 1987 arbeitete Dietmar Linke wieder als Pfarrer, dieses Mal im Westen, in der Kapernaum-Kirche im Wedding. Aber wie kam sein Bewerbungsschreiben in die Stasi-Unterlagen? Die Lösung war so einfach wie naheliegend und erschütternd: Es war eine Pfarrerin, die die Neuigkeiten lieferte.
Da er schon von Beginn seines Dienstes an den Freiraum Kirche für offene Dialoge nutzte, interessierte sich sehr schnell auch das Ministerium für Staatssicherheit für ihn. So plante er am 3. Oktober 1979 eine Lesung mit Stefan Heym in seiner Kirche in Neuenhagen. "Soll das Ihr Beitrag zum 30. Bestehen der DDR sein?" wurde er suggestiv gefragt. Und ob er verantworten könne, wenn von sämtlichen Zuhörern die Personalien festgestellt würden. Linke schlägt als Kompromiss den 31. Oktober 1979 als neuen Zeitpunkt vor – Reformationsfest. Von nun an hat ihn die Stasi fest "auf dem Schirm". Was von da an mit ihm und seiner Familie veranstaltet wurde, hat Linke erst nachträglich beim Einblick in seine Stasi-Unterlangen erfahren. Es muss ein Blick in den tiefsten menschlichen Abgrund gewesen sein, wie es immer wieder in seinen Schilderungen durchschimmert, doch der Theologe urteilt milde mit seinen Peinigern: "Die müssen das selbst mit ihrem Herrgott ausmachen – wenn sie denn einen haben!"
Sechs Mitarbeiter unter der Leitung eines Oberstleutnant Wiegang planten den "operativen Vorgang Kreuz". Dazu gehörte auch die Verwanzung der Pfarrerswohnung. Da war IM Gisela sehr hilfreich, sie lieferte die Grundrisse der Wohnung als Zeichnung, notierte exakt den Standort des Telefons. Den besten Zeitpunkt zur Installation der "operativen Technik" lieferte sie gleich mit. "Die Akten dazu lesen sich wie das Drehbuch zu einem Film", staunt Linke noch heute. Im Sommer 1983 will die Stasi sein Arbeitszimmer "transparent" machen, doch der Friedhofsgärtner kommt der Stasi auf die Schliche. Er will Pastors Schafe füttern, stellt fest, dass im Haus ein Schlüssel steckt und dass einem Lada drei Männer entsteigen, die mit einer Flasche am Fallrohr der Dachrinne reiben.
Ausreise nach Westberlin
Linkes Engagement wird im Laufe der Jahre immer politischer. Er gründet die Friedenswerkstatt, seine Frau, ebenfalls Theologin, zusammen mit Bärbel Bohley "Frauen für den Frieden". 1982 gesellt sich Christa Guleikov zu der Gruppe, interessiert sich sehr für die theologische Arbeit, begleitet eine Rentnerfreizeit nach Chorin und rückt immer näher in den Lebensraum der Pfarrersfamilie. Linke findet sie wieder in den Stasi-Akten, dort ist sie als IM Helga Grusche vermerkt.
Vier Tage vor Weihnachten 1983 darf er mit seiner Familie nach Berlin (West) ausreisen, seine Ordinationsurkunde muss er abgeben. Zwei Tage vorher schreibt ihm Christa G. – alias IM Helga Grusche – einen Abschiedsbrief, in dem sie seinen Weggang bedauert. Dies löste viel Heiterkeit unter den rund 20 meist älteren Besuchern aus.
Ab 1987 arbeitete Dietmar Linke wieder als Pfarrer, dieses Mal im Westen, in der Kapernaum-Kirche im Wedding. Aber wie kam sein Bewerbungsschreiben in die Stasi-Unterlagen? Die Lösung war so einfach wie naheliegend und erschütternd: Es war eine Pfarrerin, die die Neuigkeiten lieferte.