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2. Die Gefangennahme Jesu (Luk. 22,47-53, Mark.14 ,50-52; Joh.18,10)
Gedanken von Pfarrer Ralf-Günther Schein
Dem Künstler scheint dieses Bild besonders wichtig gewesen zu sein. Er hat es nämlich unten rechts nicht nur mit der geflügelten Schlange, sondern als einziges in diesem Zyklus mit der Jahreszahl signiert. Ebenso hat er sich an einer Stelle selbst ins Bild gesetzt.
Wir sehen in der Mitte „Der Gefangennahme“ den gebundenen und getretenen Jesus, der trotz der Bedrängung gerade das Ohr des Knechtes Malchus heilt. (Nur das Johannesevangelium nennt den Namen) Neben ihm ist das Schwert des Petrus noch ausgestreckt, das ihn schwer verletzte .
Malchus ist schreiend zu Boden gegangen, und mit ihm seine Laterne, die ihm Lichtquelle war in seinem Dienst für die Mächte der Finsternis. Er ist auch ein Mann wechselnden Glücks, wie sein bekleideter und gleichzeitig unbekleideter Fuß deutlich macht. (vgl. Katalog Basel II 1976; S.472) Malchus,(der nach meinem Eindruck mehrmals in diesem Passionszyklus auftaucht, wie auch bei Schongauer), ist Teil eines völlig überdimensionierten Kommandos um einen einzigen wehrlosen Mann festzunehmen. Jesus mahnt seine Jünger, trotz der heraufziehenden Gewalt, vom Schwert abzulassen.(Luk.22,51)
Er sagt: „Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwerter und Stangen.“ (V.52)
Eine Übermacht ist angetreten, um der Macht des Wortes Jesu Einhalt zu gebieten.
In den Gesichtern und Gesten einiger Kriegsknechte spiegelt es sich wider, daß Gewalt und Haß die Übermacht gewonnen haben. Doch auch Petrus, vorn rechts mit dem Schwert, hat sich von jener „Atmosphäre“ der Gewalt in seinem Verhalten und seiner Gestik vereinnahmen lassen.
Ganz anders erscheint dagegen der Mann direkt hinter Petrus. Nachdenklich schaut er zu Christus. In diesem Soldaten entdecken die Kunsthistoriker ein Selbstbildnis von Lukas Cranach. Der Künstler hat sich aber auf gleicher Ebene und in der selben Haltung wie Judas, ganz links im Bild gemalt. Judas hält in seiner Hand den Geldbeutel. Über ihm, an seinem Kopf, hängt fast wie eine Verlängerung dazu eine Keule, als ein Instrument des Todes. Dass Cranach sich hier - in dieser Spannung - ins Bild setzt, könnte ein Ausdruck seiner persönlichen Passionsfrömmigkeit sein. (Passionsschilderungen oder Darstellungen im Mittelalter galt es, so auch für Luther, mit dem Herzen anzuschauen. Es galt, sie meditativ zu durchdringen und eigene Betroffenheit zu empfinden.)
Cranachs Selbstbildnis in jener Szene der Passion könnte wie ein Gebet sein: Ja Herr, es ist meine Schuld, mein Eingebundensein in die Gewalttätigkeit des Alltags, mein verräterisches Handeln gegenüber den Mitmenschen und gegenüber Dir, Christus, als die Ursache Deines Leidensweges. Was der Prophet Jesaia im 53. Kapitel schreibt hat seine Gültigkeit : „Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Die Heilung des am rechten Ohr verletzten Malchus durch den gefesselten Jesus, ist, wie gesagt, der Mittelpunkt des Bildes. Jener Knecht darf nun neu hören. Und Christus nimmt uns, so will es der Künstler, während seines heilenden Handelns genau in den Blick. Auch wir dürfen also neu hören. Auf unserem rechten Ohr brauchen wir nicht mehr taub zu sein, für das, was uns zu Ohren kommt an Nachrichten über Gewalt und Unrecht, das Menschen in aller Welt fesselt....
Im linken Hintergrund des Bildes sehen wir jene Szene, die im Zusammenhang mit der Gefangennahme nur das Markusevangelium (Kap.14,50f) beschreibt: „Da verließen ihn alle und flohen. Ein junger Mann aber folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut, und sie griffen nach ihm. Er aber ließ das Gewand fahren und floh nackt davon.“
Diese merkwürdige Szene verstärkt das Bild von der Kopflosigkeit der gesamten Jüngerschar nach der Gefangennahme Jesu. Sie retten in ihrer Angst gleichsam nur das nackte Leben.
Vielleicht gibt es hier aber auch einen Bezug zu einer Aussage im Buch des Propheten Amos. Dort heißt es vom Tag des Gerichts Jahwes (Amos 2,16): „Selbst der Tapferste und Starke muß nackt entfliehen an jenem Tag.“ (vgl. Markuskommentar von Gnilka, S. 271)
Aber auch andere biblische Worte klingen in der Bildgestaltung an. In Psalm 38,12ff heißt es :
„....meine Nächsten halten sich ferne. Die mir nach dem Leben trachten, stellen mir nach... Ich muß wie einer sein, der nicht hört und keine Widerrede in seinem Munde hat. Aber ich harre Herr auf dich, du Herr wirst mich erhören.“
Wir sehen in der Mitte „Der Gefangennahme“ den gebundenen und getretenen Jesus, der trotz der Bedrängung gerade das Ohr des Knechtes Malchus heilt. (Nur das Johannesevangelium nennt den Namen) Neben ihm ist das Schwert des Petrus noch ausgestreckt, das ihn schwer verletzte .
Malchus ist schreiend zu Boden gegangen, und mit ihm seine Laterne, die ihm Lichtquelle war in seinem Dienst für die Mächte der Finsternis. Er ist auch ein Mann wechselnden Glücks, wie sein bekleideter und gleichzeitig unbekleideter Fuß deutlich macht. (vgl. Katalog Basel II 1976; S.472) Malchus,(der nach meinem Eindruck mehrmals in diesem Passionszyklus auftaucht, wie auch bei Schongauer), ist Teil eines völlig überdimensionierten Kommandos um einen einzigen wehrlosen Mann festzunehmen. Jesus mahnt seine Jünger, trotz der heraufziehenden Gewalt, vom Schwert abzulassen.(Luk.22,51)
Er sagt: „Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwerter und Stangen.“ (V.52)
Eine Übermacht ist angetreten, um der Macht des Wortes Jesu Einhalt zu gebieten.
In den Gesichtern und Gesten einiger Kriegsknechte spiegelt es sich wider, daß Gewalt und Haß die Übermacht gewonnen haben. Doch auch Petrus, vorn rechts mit dem Schwert, hat sich von jener „Atmosphäre“ der Gewalt in seinem Verhalten und seiner Gestik vereinnahmen lassen.
Ganz anders erscheint dagegen der Mann direkt hinter Petrus. Nachdenklich schaut er zu Christus. In diesem Soldaten entdecken die Kunsthistoriker ein Selbstbildnis von Lukas Cranach. Der Künstler hat sich aber auf gleicher Ebene und in der selben Haltung wie Judas, ganz links im Bild gemalt. Judas hält in seiner Hand den Geldbeutel. Über ihm, an seinem Kopf, hängt fast wie eine Verlängerung dazu eine Keule, als ein Instrument des Todes. Dass Cranach sich hier - in dieser Spannung - ins Bild setzt, könnte ein Ausdruck seiner persönlichen Passionsfrömmigkeit sein. (Passionsschilderungen oder Darstellungen im Mittelalter galt es, so auch für Luther, mit dem Herzen anzuschauen. Es galt, sie meditativ zu durchdringen und eigene Betroffenheit zu empfinden.)
Cranachs Selbstbildnis in jener Szene der Passion könnte wie ein Gebet sein: Ja Herr, es ist meine Schuld, mein Eingebundensein in die Gewalttätigkeit des Alltags, mein verräterisches Handeln gegenüber den Mitmenschen und gegenüber Dir, Christus, als die Ursache Deines Leidensweges. Was der Prophet Jesaia im 53. Kapitel schreibt hat seine Gültigkeit : „Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Die Heilung des am rechten Ohr verletzten Malchus durch den gefesselten Jesus, ist, wie gesagt, der Mittelpunkt des Bildes. Jener Knecht darf nun neu hören. Und Christus nimmt uns, so will es der Künstler, während seines heilenden Handelns genau in den Blick. Auch wir dürfen also neu hören. Auf unserem rechten Ohr brauchen wir nicht mehr taub zu sein, für das, was uns zu Ohren kommt an Nachrichten über Gewalt und Unrecht, das Menschen in aller Welt fesselt....
Im linken Hintergrund des Bildes sehen wir jene Szene, die im Zusammenhang mit der Gefangennahme nur das Markusevangelium (Kap.14,50f) beschreibt: „Da verließen ihn alle und flohen. Ein junger Mann aber folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut, und sie griffen nach ihm. Er aber ließ das Gewand fahren und floh nackt davon.“
Diese merkwürdige Szene verstärkt das Bild von der Kopflosigkeit der gesamten Jüngerschar nach der Gefangennahme Jesu. Sie retten in ihrer Angst gleichsam nur das nackte Leben.
Vielleicht gibt es hier aber auch einen Bezug zu einer Aussage im Buch des Propheten Amos. Dort heißt es vom Tag des Gerichts Jahwes (Amos 2,16): „Selbst der Tapferste und Starke muß nackt entfliehen an jenem Tag.“ (vgl. Markuskommentar von Gnilka, S. 271)
Aber auch andere biblische Worte klingen in der Bildgestaltung an. In Psalm 38,12ff heißt es :
„....meine Nächsten halten sich ferne. Die mir nach dem Leben trachten, stellen mir nach... Ich muß wie einer sein, der nicht hört und keine Widerrede in seinem Munde hat. Aber ich harre Herr auf dich, du Herr wirst mich erhören.“