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4. Christus vor Kaiphas (Matth.26,57-68 oder Markus 14 ,53-65)
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4. Christus vor Kaiphas (Matth.26,57-68 oder Markus 14 ,53-65)

Gedanken von Pfarrer Ralf-Günther Schein

Das Johannesevangelium erwähnt dieses Geschehen nur am Rande. Markus und vor allem Matthäus erzählen diesen Abschnitt der Passion Christi ausführlicher und erwähnen Zeugen, die Jesus mit einzelnen Sätzen seiner Verkündigung (und ganz aus dem Zusammenhang gerissen) belasten.
Sie sind auf dem Bild schon nicht mehr zu sehen.
Auf die Frage des Hohenpriesters, ob er der Christus, der Sohn Gottes sei, antwortet Jesus: Du sagst es! Diese Äußerung empfindet Kaiphas als Gotteslästerung, fängt an zu keifen und gerät in Wut. Jenen Moment hat der Künstler ins Bild gesetzt. Kaiphas zerreißt dabei an der Seite sein Gewand.
Nach der Mischna, einer Sammlung jüdischer Gesetze, soll ein Richter bei der Anhörung einer Lästerung aufstehen und sein Gewand einreißen. (vgl.2.Könige 18,37 und 19,1) Diese Handlung kann in anderen Zusammenhängen auch ein Zeichen von Schmerz und Trauer sein.
(2.Samuel 1, 11f) (vgl. Gnilka Markuskomentar S.282).
Die merkwürdige hornartige Mitra und das Gesicht von Kaiphas stehen in Entsprechung zu der wilden, satyrähnlichen Figur mit der Keule, die über dem Hohenpriester auf der Säule sitzt.
In einem jüdischen Versammlungsraum hätte solch eine Darstellung wohl niemals Platz gehabt, aber sie mag an dieser Stelle ein Zeichen für die Dämonie der Gewalt sein, die hier am Werke ist. In jenem Gerichtssaal, der auch durch seine Kahlheit und Kälte predigt, wird mit der Keule und nicht mit der Wahrheit argumentiert.
Zu Füßen des Kaiphas hebt ein Diener gerade die Handschuhe des Hohenpriesters auf. Das Hinabwerfen der Handschuhe von einem Richter war im Mittelalter ein Zeichen von Verfluchung und Verbannung. (vgl. Baseler Katalog II, S.474)
Dass in diesem Gericht das Faustrecht herrscht, verkörpert der Soldat mit eiserner Faust im Mittelpunkt des Bildes. „Und die Knechte schlagen Jesus ins Gesicht“, heißt es bei Markus.
Hinter Jesus, so vermute ich, hat Cranach noch einmal den Knecht Malchus gezeichnet. Er schaut weg, nachdenklich, vielleicht in den Himmel, während Jesus auf die Erde blickt.
Dort liegt ein zusammengekauerter Hund. Er könnte Sinnbild für den Hohenpriester darstellen, als eine schlechter Führer des Volkes, wie es bei Jesaia im 56. Kapitel ab V.1o heißt: „Alle ihre Wächter sind blind, sie wissen nichts. Stumme Hunde sind sie... und jappen und schlafen gerne... junge Hunde, die nie satt werden, das sind die Hirten (dieses Volkes), die keinen Verstand haben...“
erstellt von Mathias Wolf am 12.02.2015, zuletzt bearbeitet am 13.02.2015
veröffentlicht unter: Passionsandachten zu Holzschnitten von Lucas Cranach