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10. Kreuztragung (Joh. 19,16 ;Luk.23, 26-32)
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10. Kreuztragung (Joh. 19,16 ;Luk.23, 26-32)

Gedanken von Pfarrer Ralf-Günther Schein

„Sie nahmen ihn aber und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha.... „(Joh. 19, 16)
„Und als sie ihn abführten ergriffen sie einen Mann, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, und legten das Kreuz auf ihn, dass er’s Jesus nachtrüge. Es folgten ihm aber eine große Volksmenge und Frauen, die klagten und beweinten ihn..... Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden...“ (Luk. 23, 26 ff)

Der Weg nach Golgatha ist durch die Volksfrömmigkeit sehr ausgeschmückt worden. Im Neuen Testament steht nirgends, dass Jesus unter dem Kreuz zusammenbrach. Entweder schlussfolgerte man dies, weil man Simon von Kyrene zwang das Kreuz zu tragen, oder diese Darstellung ist in Anlehnung an mittelalterliche Passionsspiele entstanden. Das Zusammenbrechen Jesu unter dem Kreuz macht jedoch theologisch Sinn. Cranachs Holzschnitt verdeutlicht, was gemeint sein könnte. Erkennbar ist in seiner Darstellung, dass Jesus nicht nur unter der Last des eigentlichen Kreuzes zusammenbricht.
Die Diagonale des Kreuzes teilt das Bild in zwei Hälften. In der unteren Hälfte sehen wir, wie Jesus auf den Knien rutscht. Getreten wird er dabei von einem Landsknecht und verspottet von einem Jungen, der nach rechts aus dem Bild läuft. Die graue runde Fläche, auf der Jesus seine Hand stützt, könnte vielleicht ein großer Stein sein, durch den er zu Fall gekommen ist. Dieser Stein wäre dann aber auf jeden Fall ein Hinweis auf Psalm 118, 22f: “Der Stein den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden...“ Jesus bezog im Gleichnis von den bösen Weingärtnern (Matth.21) dieses Wort auf seinen Leidensweg.
Vom oberen Teil des Bildes her gesehen drückt eine Menschenlast auf Christus.
Es ist also nicht nur das Kreuz, sondern es ist diese Last des Spottes, der Schläge, der Gewalt, der Sünde, die auf ihm liegt.
Von den zwei Übeltätern, die mit Jesus gekreuzigt werden, wird dieser Zug nicht umsonst angeführt. Durch die schräg nach unten gerichteten Waffenstile, Lanzen und der Keule wird der Druck durch die Bildgestaltung noch verstärkt.
Es ist, als ob Jesus mit seinem Kreuz all die Schuld, die in jener Gewalt zum Ausdruck kommt, auf sich nimmt.
Aber da ist über dem Kreuz auch Machtlosigkeit und Ratlosigkeit, Schmerz und Trauer erkennbar, die Jesus ebenso trägt. Die Figuren rechts oben im Türbogen, die Frauen und Jünger, repräsentieren jene menschliche Hilflosigkeit und Ohnmacht.
Dazu gesellt sich in dieser Szene ein Bauer, der nachdenklich auf das Geschehen blickt. Vielleicht ist er mit seiner Wasserflasche in der Hand schon ein Hinweis auf Jesu Ruf am Kreuz: „Mich dürstet.“
Hinter Christus erkennen wir, im unteren Teil des Bildes, Simon von Kyrene, der sich gerade mit den Händen bemüht und anstrengt, das Kreuz mitzutragen.
Diese Hände, die sich geöffnet haben zum Dienst in der Kreuzes - Nachfolge, sind wie ein Lichtblick mitten in dem, im wahrsten Wortsinn, erdrückenden Ereignis der Kreuztragung.
erstellt von Mathias Wolf am 12.02.2015, zuletzt bearbeitet am 13.02.2015
veröffentlicht unter: Passionsandachten zu Holzschnitten von Lucas Cranach