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Saure Trauben / Pfarrerin Anne Lauschus

Saure Trauben

30. August 2020 | 12. Sonntag nach Trinitatis | Gedanken zum Wochenende von Pfarrerin Anne Lauschus aus Tornow zum 18. Kapitel des Propheten Hesekiel

Liebe Leserinnen und Leser, vor meinem Fenster rangt Wein. Er ist unbeschnitten, die Früchte klein und sauer. Ich erinnere den Satz: „Die Väter haben saure Trauben gegessen und den Kindern werden die Zähne stumpf“ Eine Beobachtung, die der Prophet Hesekiel macht und ausspricht. Sogar körperlich spürbar und sichtbar sind Kinder mit denen verbunden, denen sie anvertraut wurden. Es gibt die, die frohen Mutes in die Welt ziehen. Andere können sich nicht von dem befreien, was ihnen die Erziehenden aufbürdeten, meist unwissentlich natürlich. Sie lieben ja die Kinder und sehen in ihnen oft auch ihre eigene Zukunft. Was also, wenn die Zukunft aufgegeben wird, schlecht geredet, Schuldige gesucht und vermeintlich Verantwortliche bedroht werden? Woran werden sich die Kinder aufrichten, worauf werden sie hoffen und mit wem werden sie sich verbünden? Wodurch werden sie frei, wenn die Erziehenden in ihrer ablehnenden Resignation gefangen sind?

In der Situation des Volkes Israel, festgehalten an den Flüssen in Babylon, ergreift der Prophet die Initiative. Der Wandel setzt mit der Beobachtung Hesekiels ein, die er an die Klagenden weitergibt. In heutigen Verhältnissen würde ich sagen, er nimmt Kontakt zu den Jammernden auf, stimmt nicht in ihre Klage ein und bleibt doch auf ihrer Seite. Er erinnert sie an das, was ihnen in guten Tagen wichtig war und in welche Welt ihre Kinder geboren werden sollten. Ein Weg aus Jammern und Klagen zurück in eine Kraft, die Gott seinen Menschen mitgab: Verantwortung für die Erde. Ein großes Thema, unübersichtlich in weltweiter Verzweigtheit. Aber was für Eltern und Kinder im Generationenvertrag durch Liebe und Achtung zukunftsweisend ist, gilt überall und ist übertragbar. So eröffnet Hesekiel das Gespräch. Er bringt Vergangenheit und Verschulden in Zusammenhang mit der vorherrschenden Situation. Nützt uns Hesekiels Beobachtung? Kommt das Gespräch in Gang über saure Trauben und stumpfe Zähne?

Pfarrerin Anne Lauschus aus Tornow
erstellt von Stefan Determann am 26.08.2020, zuletzt bearbeitet am 08.01.2021
veröffentlicht unter: Andachten 2020