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Ein echter Advent
Foto: Stefan Determann / KK-OHL

Ein echter Advent

20. Dezember 2020 | Gedanken zum 4. Advent von Isabel Pawletta, Prädikantin im Pfarrsprengel Gransee

Die erste Adventsbotschaft hörte ich dieses Jahr bereits Anfang Herbst. Am 30. September trat Angela Merkel vor das Fernsehpublikum und sagte Worte, die mich an einen Engel denken ließen. Nicht an einen dieser kitschigen Engel mit Pausbacken, sondern an einen biblischen Verkündigungsengel mit einer bedeutenden Botschaft. Sie sprach hoffnungsvoll von der Zukunft: „Das Leben wird zurückkommen. Was für eine Freude wird das sein!“

Ich stelle mir vor, wie die himmlischen Heerscharen dazu Harfe spielen und Gott zustimmend lächelt. Die Situation im Coronajahr 2020 ist ja auch schon schwierig genug: Ich vermisse überschwängliche Umarmungen, die Marzipantorte meiner Oma und dass jemand in der kalten Kirchenbank dicht neben mir sitzt, mich wärmt und wir lauthals „Tochter Zion“ singen. Es gibt zu wenig frohe Botschaften und kaum Gründe, die Ruhe zu bewahren. Ich habe so viele Wünsche an Gott. Das, was fehlt, fehlt wirklich!

Aber – genau das ist Advent! Advent heißt sehnsüchtig sein. Nach Liebe und Geborgenheit. Im Advent lebt die Hoffnung auf, dass sich endlich etwas verändert. In der Welt und in mir. Advent ist warten. Darauf, jemanden begrüßen zu dürfen, auf den man schon viel zu lange gewartet hat. Christ*innen bereiten sich auf ein Treffen mit Gott höchstpersönlich vor. Und Advent bedeutet einen Wunschzettel zu schreiben, auf dem nicht weniger steht als „Frieden auf Erden und im Herzen“.

Dieses Jahr kann ich kindliche Sehnsucht nach Weihnachten besonders gut nachvollziehen: Wann, wann, wann ist es endlich soweit? Gott, wann kommst du wieder in diese Welt? Zwar wird das Virus auch an den Feiertagen nicht plötzlich verschwinden; genauso wenig wie die Vorsichtsmaßnahmen, aber manchmal ist etwas gut, obwohl nicht alles perfekt ist. Dann leuchtet ein Stern auf – oder eine längst vergessene Zusage und nimmt dem Leben die Schwere. Der Boden der Tatsachen bleibt bestehen, aber er fühlt sich etwas weicher an. An Weihnachten verwandelt sich Hoffnung in Gewissheit: Dass Gott dahin kommt, wo es am nötigsten ist. Zu mir. Zu dir. Mit dem in Windeln gewickelten Tröster auf dem Arm. Was für eine Freude wird das sein! Ich kann es kaum erwarten.
Andacht zum Sehen und Hören
erstellt von Stefan Determann am 18.12.2020, zuletzt bearbeitet am 08.01.2021
veröffentlicht unter: Andachten 2020